Renate’s Ruhestand reloaded: Von Plan A zu Plan C

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Warum sind neue Inhalte für das Leben im Ruhestand wichtig? Was kann passieren, wenn das erste Jahr voll ist, aber nicht sinnvoll? Und wie erfüllend kann es sein, wenn man Irrtümer bei der Planung der nächsten Lebensphase erkennt und den Mut und die Energie aufbringt, sie zu mehr als einmal korrigieren.

Renate, Jahrgang 1958, war eine leidenschaftliche und engagierte Lehrerin. Ihr Beruf erfüllte sie. Sie liebte es, junge Menschen zu entwickeln und sie auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Allerdings merkte auch sie, dass ihr der Beruf viel abverlangte und ihr immer mehr Energie raubte. Sie freute sich daher auf ihren nahenden Renteneintritt und hatte sie sich in groben Zügen einen Plan für die erste Zeit, vielleicht für das erste Jahr gemacht. In Gedanken, ohne es aufzuschreiben. Sie war es über 35 Jahre gewohnt nach Lehrplänen und einem eng getakteten Tag zu arbeiten und zu leben. Sie sehnte sich daher auf ihren Ruhestand, um endlich selbstbestimmt und nach ihren eigenen Vorstellungen und Wünschen zu leben. Um frei von den täglichen Zwängen zu sein.

Und so geschah es. Jeden Morgen wurde etwas länger geschlafen als bisher und in Ruhe gefrühstückt, anstatt hektisch aus dem Haus zu stürmen. Sie ging viel spazieren und besuchte ihre Freundinnen, die sie länger nicht gesehen hatte. Dazu unternahm sie mehrere Reisen in Städte, die sie immer schon einmal erkunden wollte. Und endlich wollte sie sich auch dem Haus widmen. Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie neben ihrem Beruf als Lehrerin niemals richtig Zeit gehabt, alles einmal gründlich aufzuräumen. Daher widmete sie sich intensiv den Arbeiten. Im Haus, im Garten und insbesondere in der Garage, die noch vom Hobby ihres Mannes voll mit Werkzeugen war, die sie nicht mehr benötigen würde. Alles lief prächtig, sie fühlte sich befreit und zufrieden. Aber irgendwann, so nach etwa einem Jahr, war sie mit allem fertig. Sie hatte viel gesehen, alles im Haus war schick und sah gut aus. Aber sie war viel zu früh fertig, dachte sie. Ihre Tage waren zwar voll gewesen, aber nicht sinnvoll. Irgendetwas fehlte ihr.

Anstatt sich nun etwas Zeit zu nehmen zu reflektieren und systematisch herauszufinden, was wirklich zu ihr, zu ihren Stärken, zu ihrer Persönlichkeit und zu ihren Interessen passen könnte, traf Renate auf Anraten einer guten Freundin eine mutige und schnelle Entscheidung. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Ersthelferin. Das Lernen war ihr stets vertraut und machte Ihr auch im Alter noch sehr viel Spaß. Auch kam sie wieder mit vielen neuen Leuten zusammen, was sie sehr schätzte. Die Dienste als Ersthelferin waren sehr erfüllend, aber auch herausfordernd. Sie sah viele Verletzte, viel Unglück und Elend. Dazu kamen die vielen Nachtdienste, die mit der Zeit an ihren Kräften zehrten. Erschöpft, aber dennoch weiterhin hilfsbereit, beschloss sie schließlich, dieses Kapitel ihres Lebens nach einem weiteren Jahr zu beenden und suchte nach einer neuen Herausforderung.

Dieses Mal ging sie etwas systematischer vor und überlegte intensiv, was zu ihr passen würde. Und was auch nicht. Grundsätzlich machte ihr viel Spaß und erfüllte sie, anderen Menschen zu helfen. Aufgrund ihrer guten Rente konnte sie es sich finanziell leisten, ehrenamtlich zu arbeiten. Nachdem sie sich in der Stadt bei ihren Freundinnen, Bekannten und ihren ehemaligen Arbeitskollegen umgehört hatte, bot sich ihr die Chance, eine Ausbildung zur Ethikberaterin in einem Krankenhaus ihrer Heimatstadt zu absolvieren. Auch wenn sie riesigen Respekt vor dieser Aufgabe hatte.

Die Ethikberatung war kein leichter Weg. Manchmal führte er sie zu schwerkranken Patienten, die mit existenziellen Fragen kämpften. Renate saß an ihren Betten, hielt ihre Hände und sprach über das Leben und den Tod. Sie half ihnen, Entscheidungen zu treffen, die im Einklang mit ihren Werten und Überzeugungen standen. Renate verstand, dass das Leben nicht nur aus medizinischen Diagnosen und Behandlungsplänen bestand. Es ging um Menschlichkeit, um das Verständnis für die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen. Diese Aufgabe im Alter erfüllte sie endlich. Sie konnte anderen Menschen helfen und ihre Lebenserfahrung sinnvoll einsetzen.

Und so vergingen die Jahre. Sie war keine Lehrerin mehr, aber ihr Wissen und ihre Empathie waren wertvoller denn je. Die Zeit, die sie im Krankenhaus mit den Patienten verbrachte, war nicht nur ein Job – es war eine Berufung. Jeden Tag half sie, die Welt ein kleines Stück besser zu machen. Und wenn sie abends nach Hause kam, erschöpft von den Gesprächen und den schweren Entscheidungen, wusste sie: Sie hatte das Richtige getan.

Fazit und Analyse

Der Fall von Renate zeigt uns, dass man das erste Jahr im Ruhestand sehr oft ohne intensive Vorbereitung und lediglich mit einigen Ideen im Kopf sehr gut überstehen kann. Wie sie selbst sagte, das Jahr war voll, aber nicht sinnvoll. Aber um seinem Leben einen sinnvollen Inhalt zu geben, genügt dies eben nicht. Und selbst wenn man daraus die Lehren zieht und sich für einen neue Aufgabe entscheidet, kann auch dies eine falsche Entscheidung sein – wenn sie nicht sorgfältig durchdacht ist. Die Lehren daraus zu ziehen und eine erneute Veränderung vorzunehmen, das erfordert Mut und Energie. Beides hat Renate bewiesen und wurde dafür wie folgt belohnt:   

Erfüllung und Sinn: Renate fand endlich eine Aufgabe, die sie erfüllte. Die Arbeit als Ethikberaterin im Krankenhaus gab ihrem Leben einen neuen Sinn. Sie konnte Menschen in schwierigen Situationen begleiten und ihnen helfen, ethische Entscheidungen zu treffen. Jeder Tag war erfüllt von Bedeutung und Zweck.

Verbindung zu anderen Menschen: Als Ethikberaterin hatte Renate die Gelegenheit, tiefere Verbindungen zu Patienten, Angehörigen und Kollegen aufzubauen. Sie hörte ihren Geschichten zu, teilte ihre Ängste und Freuden und schuf eine Atmosphäre des Vertrauens. Diese menschlichen Begegnungen bereicherten ihr Leben.

Wissen und Erfahrung: Renate konnte ihre jahrzehntelange Erfahrung als Lehrerin nutzen, um ethische Dilemmata zu analysieren und Lösungen zu finden. Sie fühlte sich wertgeschätzt und wusste, dass ihre Lebenserfahrung einen echten Unterschied machte.

Selbstreflexion und Wachstum: Die Arbeit als Ethikberaterin erforderte von Renate, sich mit ihren eigenen Werten, Überzeugungen und Grenzen auseinanderzusetzen. Sie lernte viel über sich selbst und wuchs an den Herausforderungen, die das Leben und der Tod mit sich brachten.

Anerkennung und Dankbarkeit: Renate erhielt Anerkennung von Patienten und ihren Familien. Sie war dankbar für die Möglichkeit, anderen Menschen in schwierigen Zeiten beizustehen. Diese Dankbarkeit füllte ihr Herz und bestärkte sie in ihrer Berufung.