Longevity Teil 1: Revolution oder Hype?

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Longevity – worum geht es wirklich?  Ist Altern eine Krankheit? Wenn ja, ist sie behandelbar? Können wir das älter werden nicht nur stoppen, sondern sogar wieder jünger werden? Was sind die Zeichen des Alterns? Welches sind die fünf Säulen der Longevity?

1. Einleitung – Der Widerspruch

Eines der ersten Wochenenden im neuen Jahr hatten wir in einem Wellness Resort verbracht. Wenig überraschend begegneten uns dort viele durchtrainierte, sehr gesund und sehr gut aussehende Menschen. Am Frühstücksbuffet gab es ein reichhaltiges veganes Angebot. Dazu viele Sport-, Wellness- und Beautyangebote. Also alles, was man heutzutage zu einem gesunden, achtsamen und nachhaltigen modernen Lifestyle benötigt.

Warum ich das erzähle? Nach der Sauna begegnete mir ein Artikel mit dem Titel: „Der Longevity-Rausch: Einige Hundert Jahre Lebenszeit in greifbarer Nähe“. Bisher war ich immer der Meinung gewesen, dass es bei Longevity um ein möglichst gesundes und agiles Leben bis ins hohe Alter geht. In diesem Artikel dagegen ging es um die Verlängerung des Lebens und die biologische Verjüngung des Körpers. Also eine Umkehr des Alterns. Es ging nicht mehr um Anti-Aging, sondern Reverse-Aging.

Anlass genug mich etwas intensiver mit dem Thema Longevity zu beschäftigen und den Widerspruch aufzulösen. Ich begann Bücher, Studien und Artikel zu lesen, Podcasts zu hören und mit Bekannten und Freunden über das Thema zu sprechen. Ich bestellte mir zusätzlich zu meinem Fitness Armband einen Smart Ring, begann mich anders zu ernähren und intensivierte mein Sportprogramm. So wurde aus einem kleinen Blogartikel über das Thema Longevity eine kleine Miniserie, die mehrere Facetten dieses Themas einmal etwas intensiver beleuchten soll.     

Im ersten Teil geht es daher zunächst um Grundlagen. Es geht darum, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse aktuell hinter Longevity stecken. Es geht um die Frage, ob Altern eine Krankheit ist. Und wenn ja, ob sie behandelbar ist. Es werden die fünf Säulen von Longevity ebenso besprochen wie die Frage, welche Wissenschaften und welche Wissenschaftler und Mediziner hinter den neuesten Erkenntnissen stehen. Und zum Schluss geht es um wichtige Begriffe aus dem Bereich der Biologie und Medizin, die man zum besseren Verständnis der für Laien nicht immer ganz einfachen Materie gut gebrauchen kann.

Im Teil 2 geht es darum, wie wir den Gesundheitszustand unseres Körpers analysieren und messen können. Und wir beginnen mit den ersten beiden Longevity Säulen: die Bedeutung von gutem Schlaf sowie um gesunde Ernährung und Fasten.

Im Teil 3 werden die nächsten beiden Säulen behandelt: Bewegung und Fitness sowie Emotionale Gesundheit.

Im abschließenden Teil 4 geht es dann um die fünfte Säule, die molekulare und zelluläre Gesundheit. Es geht um traditionelle Nahrungsergänzungsmittel, um innovative Longevity Präparate und neue Longevity Therapien. Abschließend widmen wir uns einem Aufsehen erregenden Longevity Experiment am eigenen Körper und wagen einen Blick in die Zukunft.     

Bevor es aber los geht, noch ein Disclaimer und eine Erklärung. Ich bin weder Mediziner noch Biologe. Alle Erklärungen und Vorschläge entstammen dem Studium der genannten Medien. Wie immer wir vorgehen, um unseren Körper zu einem längeren gesunden Leben zu bringen, sollten wir immer Fachleute einbeziehen, denen wir vertrauen. Also Ärzte, Ernährungsberater, Fitness Trainer oder sonstige Experten.

Ich habe mich zudem immer wieder gefragt, wie die mir sehr sympathisch gewordenen Bewohner der Blauen Zonen es geschafft haben, so überaus alt zu werden. Und hab daher die Geheimnisse für ihr langes Leben als Abrundung oder Ergänzung an das Ende eines jeden Kapitels gestellt.  Denn sie haben durch ihren Lebensstil besser als jede wissenschaftliche Studie bewiesen, mit welchen sehr einfachen Mitteln man ein sehr hohes Alter in einem agilen Zustand erreichen kann. Wir sollten daher immer überlegen, was wir von der Lebensweise dieser Menschen in unseren Alltag überführen können.  

2. Longevity – worum geht es ?

Versucht man sich dem Begriff Longevity, also Langlebigkeit, inhaltlich zu nähern, kommt man überraschenderweise auf zwei sehr unterschiedliche Definitionen.

Bei vielen Wissenschaftlern und Autoren geht es darum, wie man das Leben insgesamt verlängern kann. Also immer älter zu werden. Der älteste lebende Mensch, die Französin Jeanne Calment, verstarb kürzlich mit angeblichen 122 Jahren. Aktuelle Forschungen erwarten, dass sich die Lebenserwartungen im nächsten Jahrhundert um 20 bis 30 Jahre verlängern könnte. Weshalb man daran glaubt, dass Menschen in Zukunft bis zu 150 Jahre alt werden können. Oder sogar unsterblich.

Einer der bekanntesten und oft zitierten Altersforscher, Prof. David A. Sinclair, begründet diese Ansicht wie folgt: Früher wurden die Menschen nicht einmal 40 Jahre alt. Später schon. Die meisten wurden dann keine 50 alt. Später schon. Dann wurden die meisten keine 60 Jahre alt. Später schon. Daher erwartet er, dass wir zu Beginn des neuen Jahrhunderts über einen Menschen, der mit 120 Jahren stirbt, sagen werden, dass er ein erfülltes Leben gehabt hat. Aber nicht, dass er ein sonderlich langes Leben hatte. Wir werden nicht mehr von Langlebigkeit, sondern von Leben sprechen.

Ob diese Prognosen eintreffen werden, sei dahingestellt. Wie immer gibt es sehr viele kritische Stimmen. Aber das Gleiche, also dass etwas unmöglich ist, hatten die Menschen in der Vergangenheit schön öfter behauptet. So zum Beispiel vom Traum des Fliegens. Bis es dann, am 17. Dezember 1903, die Gebrüder Wright in Kitty Hawk zum ersten Mal wirklich taten. Ab da konnte der Mensch fliegen. Warum also sollte er nicht auch unsterblich werden?

Andere Wissenschaftler verstehen unter Langlebigkeit in erster Linie nicht die Verlängerung der Lebensspanne, sondern die Verlängerung der Gesundheitsspanne, die in den letzten Jahrzehnten immer weiter angestiegen ist. Sie liegt jedoch immer noch ca. 9 Jahren unter der Lebensspanne. Anders ausgedrückt verbringen wir ca. 15% unseres Lebens in einer Phase der Morbidität, also mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Erkrankungen.

Bei dieser Definition von Longevity geht es vorrangig darum, die üblichen altersbedingten Krankheiten durch gezielte Aktivitäten auszuschalten bzw. zu vermeiden, um auch die letzten Lebensjahre möglichst gesund zu verbringen. Das Leben mit mehr Leben zu füllen, anstatt es zu verlängern. Diese Auffassung ist im Übrigen unter den meisten Altersforschern unstrittig und vorherrschend. Es ist das zentrale Thema, um das es bei Longevity heute überwiegend geht.   

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„It’s not about adding years to your life – it´s about adding life to your years”.  

Nach Edward J. Stieglitz, 1947.

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Aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen hat sich auch das folgendes Dreistufenmodell entwickelt, auf das sich viele Altersforscher geeinigt haben:

  1. Auf der ersten Stufe geht es darum, die gesunde Lebensspanne durch die Vermeidung von altersbedingten Erkrankungen zu verlängern. Hier geht es primär um verbesserte Möglichkeiten der Früherkennung, um Krankheiten rechtzeitig therapeutisch begegnen zu können.
  2. Auf der zweiten Stufe geht es darum, den Alterungsprozess zu verlangsamen. Ziel der Longevity Forschung ist es, die Alterungsprozesse genau zu verstehen und gezielte Maßnahmen zu entwickeln, um sie zu verlangsamen.
  3. In der dritten Stufe geht es darum, den Alterungsprozess umzukehren und in den Zellen wieder rückgängig zu machen, zum Beispiel indem man versucht, Zellen selektiv wieder in den Zustand pluripotenter Stammzellen zu versetzen.     

Wenn man die Ziele genau betrachtet, stellt man fest, dass sie sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Denn mit einem längeren gesunden Leben geht oft auch die Verlängerung der Lebenszeit einher, was gleichzeitig auch zu einer biologischen Verjüngung führen kann.

3. Ist Altern eine Krankheit ? 

Mich hat diese Frage sehr überrascht, da ich darüber noch niemals nachgedacht hatte. Altern hatte ich bisher als einen natürlichen und unvermeidlichen Teil unseres Lebenszyklus angesehen. Altern war für mich bisher nicht das gleiche wie eine Krankheit, sondern eher der Verfall unseres Körpers und damit die Voraussetzung für altersbedingte Krankheiten. Zudem abhängig von der jeweiligen Person und ihren Lebensumständen.

Anderer Meinung sind dagegen eine Gruppe von Altersforschern. Für sie ist Altern ist ein Prozess, der zu Funktionsverlust, Schäden und Tod von Zellen, Geweben und Organen führt. Altern erhöht das Risiko für viele chronische und degenerative Krankheiten, wie Alzheimer, Parkinson, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs. Für sie ist Altern die Summe aller altersbedingten Krankheiten oder krankhaften Prozesse im Körper. Und für sie ist Altern durch medizinische Interventionen zukünftig behandelbar.

Ob man Altern daher als Krankheit betrachten kann, ist eine umstrittene Frage, die sowohl wissenschaftliche als auch ethische Aspekte berührt. Es gibt einige Argumente dafür, andere dagegen. Sicher ist, dass Alter im medizinischen Sinn keine akzeptierte Krankheit ist, die von ärztlicher Seite medikamentös behandelt werden kann. Zudem ist Altern in keinem einzigen Staat und in keinem einzigen Gesundheitssystem der Welt eine anerkannte Krankheit, deren Bekämpfung z.B. mit öffentlichen Forschungsgeldern unterstützt wird. Bis jetzt.

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„Altern ist eine Krankheit, und diese Krankheit ist behandelbar. Und heilbar“.

Prof. Dr. David A. Sinclair

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4. Wer ist für unsere Alterung verantwortlich? Genome oder Lebensstil?

Die positive Nachricht zuerst. Zwischen allen Wissenschaftlern ist es unstrittig, dass wir zu einem großen Teil mit unserem Lebensstil bestimmen, wie gesund bzw. wie krank wir im Alter sein werden. Über die Größe dieses Anteils gehen die Meinungen etwas auseinander, aber nicht wesentlich. Einige sagen zu 70%, bei andere ist dieser Anteil bei 80% oder sogar 90%. Aber das ist nicht entscheidend. Wichtig ist zu erkennen, dass wir unsere Gesundheit im Alter durch unser Handeln in früheren Jahren zu einem nicht unerheblichen Teil selbst in der Hand haben.  

Wenn ein möglichst großer Anteil der Bevölkerung also zu einem gesünderen Lebensstil bewegt werden könnte, dann könnte man damit auch einen großen Teil der Kosten unseres überforderten Gesundheitssystem reduzieren, die voraussichtlich in den kommenden Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung stark ansteigen werden. Denn nach verschiedenen Studien und Schätzungen fallen über 80% der gesamten Gesundheitskosten eines Menschen in den letzten 10% seines Lebens an. Wenn wir also von einem rein reaktiven zu einem eher proaktiven Gesundheitssystem gelangen könnten, würde unser Gesundheitssystem wesentlich entlastet werden. Daher versuchen insbesondere viele gesetzliche Krankenkassen ihre Mitglieder aufzuklären und von einem gesünderen Lebensstil zu überzeugen. Sogar die ersten Rabatte werden für einen nachgewiesenen gesunden Lebensstil vergeben. Bisher allerdings noch ohne durchschlagenden Erfolg. Ungesunde Ernährung, ein ungesunder Lebensstil mit zu viel Alkohol- und Tabak- und insbesondere Zuckerkonsum, zu viel Stress im Beruf und im Alltag verbunden mit akutem Bewegungsmangel, insbesondere bei den Jüngeren, verursacht heute und in Zukunft den größten Anteil der Krankheitskosten. Wenn es nicht gelingt, dies zu ändern.

Die verbleibenden 10 – 30%, die zur Alterung beitragen, sind allerdings nicht originär unserem Lebensstil geschuldet, sondern unserer genetischen Veranlagung. Hier kommen die Erkenntnisse aus der aktuellen Altersforschung ins Spiel. Deren Idee ist es, Krankheiten noch näher an Ihrem Ursprung auszuschalten. Nämlich dann, wenn sie sich noch gar nicht manifestieren konnten.

Dementsprechend richtet sich der Fokus in diesem Bereich auf die möglichst exakte Messung des biologischen Alters, auf den Einsatz neuester Präzisionsmedizin und auf einen an die aktuelle und zukünftige Gesundheit des Körpers angepassten Lebensstil, um das biologische Alter herunterzuschrauben und das Voranschreiten der biologischen Alterung weitestgehend zu verlangsamen.  Und in ferner Zukunft sogar ganz zu verhindern.

5. Die Kennzeichen des Alterns

An dieser Stelle ist der Zeitpunkt gekommen, etwas mehr in den Aufbau und die Funktionen unseres Körpers zu schauen. Wie bereits angesprochen, finden sich am Ende dieses Artikels Erläuterungen für die wichtigsten hier verwendeten Begriffe.

Schon längere Zeit hatten verschiedene Forscher an den Gründen des Alterns geforscht und kamen mit immer neuen und mitunter unterschiedlichen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit. Zum Ende der 2000 er Jahre kamen sie allerdings übereinkommend zu dem Ergebnis, dass es nicht die eine einzige Ursache für das Altern gibt. Sondern mehrere Ursachen, die sie als „Hallmarks of Aging“, also die Zeichen oder Kennzeichen des Alters bezeichneten. 

Nach und nach setzte sich unter den Wissenschaftlern die Erkenntnis durch, dass man die Alterung verlangsamen kann, wenn man sich intensiv und gezielt um diese Kennzeichen kümmert. Wenn man herausfindet, wie bei diesen Kennzeichen der Alterungsprozess gestoppt werden kann. Denn verlangsamt sich die Alterung, werden Krankheiten verhütet. Und verhütet man die Krankheiten, kann man letztlich auch den Tod zurückdrängen. Jedoch (noch) nicht verhindern.

Inzwischen bestehen kaum noch Zweifel: Die Liste der Kennzeichen des Alterns bildet einen hervorragenden Ausgangspunkt für eine wirksame Taktik für ein gesünderes und längeres Leben. Keine Einigkeit besteht hingegen über die tatsächliche Anzahl dieser Kennzeichen des Alterns. Einig ist man sich über die folgenden 9 Kennzeichen. Mitunter nennen Wissenschaftler allerdings auch mehr als 9 Kennzeichen.

1. Instabilität der Genome: Beschädigungen der DNA können in jungen Jahren vom Körper besser repariert werden als in späteren Lebensphasen.

2. Abnutzung der der Telomere: Während Neugeborene noch eine Telomerlänge von rund 10.000 Basenpaaren haben, hat ein gut 40-Jähriger schon ein Drittel weniger, ein über 60-Jähriger nur die Hälfte der Menge als bei der Geburt. Mit jeder Zellteilung werden die Telomere etwas kürzer, pro Teilung um 30 bis 200 Basenpaare. Sobald eine gewisse Schwelle erreicht ist, erliegt die Zellfunktion, sie teilen sich nicht mehr und sterben ab. Die Telomere geben auch die Erklärung, warum wir in der zweiten Lebenshälfte mehr mit Krankheiten konfrontiert werden als zuvor.

3. Veränderungen im Epigenom: DieEpigenetik versucht zu erklären, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und in der Folge die Entwicklung der Zelle festlegen. Je nachdem, wie ein Mensch lebt, welchen Lebensstil er hat, welchen Umwelteinflüssen er ausgesetzt ist, verändern sich seine Epigenome und damit die Informationen für seine Gene. Veränderung im Epigenom bestimmen darüber, welche Gene in den Zellen ein bzw. ausgeschaltet werden und damit im schlimmsten Fall auch die Entstehung von Krankheiten steuern.

4. Verlust der gesunden Instandhaltung der Proteine, auch Proteostase genannt:  Proteostase setzt sich aus den beiden Begriffen Proteom (Gesamtheit der Proteine, die im Körper produziert werden können) und Homöostase (Gleichgewicht) zusammen. Geht bei der Regulation der Proteine etwas schief, können einzelne Proteine nicht oder teilweise sogar vermehrt auftreten. Dies beeinflusst wiederrum die Funktionalität der Zellen. Der genannte Vorgang spielt bei bekannten Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson eine Rolle.

5. Fehlregulation der Wahrnehmung von Nährstoffen, verursacht durch Stoffwechselveränderungen: Bei diesem Kennzeichen des Alterns ist die Reaktion des Körpers auf Nahrungszufuhr relevant. Dessen Regulation erfolgt im Zusammenspiel mit Wachstumshormon und weiteren Hormonen. Hier ist unter anderem Kalorienrestriktion und Fasten von Bedeutung.

6. Fehlfunktion der Mitochondrien: Mit ansteigendem Alter von Zellen und Organismen nimmt die Wirksamkeit der Atmungskette (Energiebereitstellung im Mitochondrium) tendenziell ab. Diese Erkenntnis gründet auf zwei Mechanismen. Einerseits gehen Elektronen verloren und andererseits verringert sich die ATP-Erzeugung. ATP ist der wichtigste Energieträger in unserem Körper.

7. Zelluläre Seneszenz: Zelluläre Seneszenz beschreibt den Zustand eines stillstehenden Zellzyklus. Das bedeutet, dass dieZelle ihre Funktionalität herunterfährt und sich auch nicht mehr teilen kann. Dieser Stillstand ist häufig durch DNA-Veränderungen, Telomerverkürzungen oder oxidativen Stress ausgelöst.

8. Erschöpfung der Stammzellen: Mit dem Alter vermindert sich die Fähigkeit der Stammzellen sich zu teilen – sie werden „erschöpft“. Als Resultat können kaputte oder geschädigte Zellen nicht mehr erneuert werden. Das führt dazu, dass sich die unterschiedlichsten Gewebe nicht mehr adäquat regenerieren bzw. erholen können.

9. Veränderte Kommunikation zwischen den Zellen und Produktion entzündungsfördernder Moleküle: Dieses Kennzeichen blickt über die zellautonome Ebene hinaus. Altern beinhaltet auch Veränderungen bei der Kommunikation von Zellen untereinander. Eine zunehmende Entzündungsreaktion und eine abnehmende Immunüberwachung sind exemplarische Folgen dieses Faktors mit teils drastischen Auswirkungen auf das physiologische Altern.

6. Welches sind die fünf Säulen der Longevity?

Ich habe bereits angesprochen, dass unser Lebensstil entscheidend dazu beitragen kann, dass der Alterungsprozess, der sich in den Kennzeichen des Alterns niederschlägt, verlangsamt werden kann. Was aber genau beinhaltet unsere „Lebensstil“ und in welchen Bereichen müssen wir uns Taktiken und Pläne erarbeiten und umsetzen, um länger gesund zu leben?

Unter den Alternsforschern besteht große Einigkeit darüber, dass es vier große Säulen aus unserem täglichen Leben gibt, die zu einem gesunden Lebensstil gehören. Zusätzlich sehen sie eine fünfte Säule, mit dem ganz gezielt die Zeichen des Alters entgegengewirkt werden kann:

  1. Guter Schlaf
  2. Gesunde Ernährung und Fasten
  3. Bewegung und Fitness
  4. Emotionale Gesundheit
  5. Molekulare und zelluläre Gesundheit.

Diese fünfte Säule beinhaltet zunächst die Optimierung von Hormonen, Genen, Stammzellen, Mitochondrien und anderen Faktoren durch die Einnahme von Medikamenten und Supplements, die das Altern auf der mikroskopischen Ebene beeinflussen. Demnächst könnend darunter auch verschiedene Therapien fallen, die auf die Modifikation oder den Ersatz von Genen oder Zellen abzielen. Also Hormon-, Gen-, Stammzellen- oder Sauerstofftherapien.

7. Ist Longevity eine eigene Wissenschaft ?

Verschiedene komplexe und bis heute noch unverstandene Mechanismen sind dafür verantwortlich, dass biologische Systeme wie Zellen, Gewebe und Organismen altern. Die noch junge Disziplin der Altersforschung versucht diese komplexen Mechanismen zu erforschen. Sie ist interdisziplinär und vereint die neuesten wissenschaftlichen und technologischen Fortschritte unter anderem aus den Bereichen der Biogerontologie, der Gerontologie, der Biotechnologie, der Künstlichen Intelligenz und des Deep Learnings.

Verschiedene komplexe und bis heute noch unverstandene Mechanismen sind dafür verantwortlich, dass biologische Systeme wie Zellen, Gewebe und Organismen altern.

An der Erforschung des Alterns beteiligen sich Wissenschaftler aus vielen verschiedenen Gebieten, wie z.B.:

Biogerontologie: Die Biogerontologie erforscht die biologischen Ursachen und Folgen des Alterns auf zellulärer und organischer Ebene

Gerontologie: Die Gerontologie ist die wissenschaftliche Altersforschung und beschränkt sich nicht auf medizinische Fragestellungen, sondern befasst sich auch mit kulturellen und politischen Aspekten einer alternden Gesellschaft. Die Gerontologie ist also die Altersforschung, die sich auf die biologischen, psychologischen und sozialen Veränderungen im Laufe des Lebens beschäftigt.

Geriatrie: Die Geriatrie ist die medizinische Spezialdisziplin, die sich mit den körperlichen, geistigen, funktionalen und sozialen Aspekten in der Versorgung von akuten und chronischen Krankheiten, der Rehabilitation und Prävention alter Patientinnen und Patienten sowie deren spezieller Situation am Lebensende befasst. Die Geriatrie ist also die Altersheilkunde, die sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden älterer Menschen konzentriert.

Genetik: Die Genetikoder Vererbungslehre ist die Wissenschaft von der Vererbung und ein Teilgebiet der Biologie. Sie befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten und materiellen Grundlagen der Ausbildung von erblichen Merkmalen und der Weitergabe von Erbanlagen (Genen) an die nächste Generation.

Epigenetik: DieEpigenetik ist ein Teilgebiet der Genetik das sich mit der Frage befasst, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle zeitweilig festlegen. Sie untersucht die Änderungen der Genfunktion, die nicht auf Veränderungen der Sequenz der DNA beruhen und dennoch an Tochterzellen weitergegeben werden.

8.Wer sind die bekanntesten Vertreter der Erforschung des Alterns?

Bei der Beschäftigung mit dem Thema Longevity bin ich auf sehr viele Wissenschaftler und Autoren gestoßen, die sich mit dem Thema Longevity beschäftigen. An David Sinclair und besonders an Peter Attia kommt man dabei nicht vorbei. Aber auch andere Wissenschaftler haben einen Beitrag geleistet. Nur einige wenige können davon an dieser Stelle erwähnt werden.  

Prof. Dr. David A. Sinclair ist ein Molekularbiologe und Professor für Genetik an der Harvard Medical School in Boston/Massachussetts, der an den Mechanismen des Alterns und dabei insbesondere der Aktivierung von Sirtuinen forscht.  Sinclair vertritt die provokante These, dass Altern keine unvermeidliche Konsequenz des Lebens ist, sondern eine Krankheit, die behandelbar und möglicherweise sogar heilbar ist.

Er ist Autor eines der wichtigsten Standardwerke der Altersforschung “Das Ende des Alterns: Die revolutionäre Medizin von morgen”. In diesem Buch erklärt er, wie man die Gesundheit und Lebensdauer steigern kann, indem man die richtigen Gene aktiviert und die Schäden am Epigenom repariert. Das Buch hat viele Preise erhalten und hat weltweit viele Leser begeistert und inspiriert.

Dr. Peter Attia ist ein kanadisch-amerikanischer Arzt, der sich auf die Prävention und Behandlung von chronischen Krankheiten spezialisiert hat, die mit dem Altern zusammenhängen. Er ist der Gründer von Attia Medical, einer medizinischen Praxis, die personalisierte Strategien zur Optimierung von Gesundheit und Langlebigkeit anbietet. Er ist auch der Gastgeber von „The Drive“, einem überaus erfolgreichen Podcast, in dem er verschiedene Aspekte des Alterns und der menschlichen Leistungsfähigkeit diskutiert.

Auch Peter Attia hat ein Longevity Standardwerk und weltweiten Beststeller verfasst: „Outlive: Wie wir länger und besser leben können, als wir denken“. Im Gegensatz zu David Sinclair geht es Peter Attia eher um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Prävention und Umkehrung von chronischen Krankheiten, die mit dem Altern verbunden sind, wie Herzkrankheiten, Krebs, Alzheimer und Typ-2-Diabetes. Das Buch enthält neben autobiographischen Bestandteilen auch praktische Tipps für eine optimale Ernährung, Bewegung, Schlaf, emotionale und geistige Gesundheit.

Aubrey de Grey ist ein britischer Biogerontologe, der die SENS Foundation gegründet hat, eine gemeinnützige Organisation, die sich der Entwicklung von Therapien zur Umkehrung des Alterns widmet. Er ist bekannt für seine These, dass das Altern eine Reihe von Schäden ist, die repariert werden können, und dass Menschen theoretisch unsterblich werden können.

Elizabeth Blackburn ist eine australisch-amerikanische Molekularbiologin, die den Nobelpreis für Medizin 2009 für ihre Entdeckung der Telomerase, des Enzyms, das die Enden der Chromosomen schützt, erhielt.

Judith Campisi ist eine amerikanische Zellbiologin, die eine führende Autorität auf dem Gebiet der zellulären Seneszenz, dem Prozess, bei dem Zellen aufhören sich zu teilen, ist.

Leonard Guarente ist ein amerikanischer Biologe, der die Rolle von Sirtuinen und NAD+, einem wichtigen Molekül für die Energieproduktion und die DNA-Reparatur in der Alterung erforscht.

9. Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich Folgendes hervorheben:

  1. Bedeutende Altersforscher halten Alter für eine Krankheit, die behandelbar und heilbar ist.
  2. Longevity bedeutet im ersten Schritt die Verlängerung der Gesundheitsspanne durch die Verlangsamung des Alterungsprozesses und den dadurch späteren Beginn der altersbedingten Krankheiten.    
  3. Einigkeit besteht darüber, dass es nicht die eine, einzige Ursache für das Altern gibt, sondern mehrere Kennzeichen des Alterns.
  4. Altersforscher gehen davon aus, dass der Alterungsprozess in den menschlichen Zellen zu 70 – 80% durch unseren Lebensstil gesteuert wird. Und nur zu 20 – 30 % genetisch bedingt ist.
  5. Die wichtigsten Longevity Säulen, die dazu beitragen gesund alt zu werden, sind guter Schlaf, gesunde Ernährung und Fasten, Bewegung und Fitness, emotionale Gesundheit sowie molekulare und zelluläre Gesundheit.

Als Zwischenfazit gilt also, dass wir uns dem Altern anscheinend nicht vollständig ausliefern müssen. Älter zu werden können wir nicht ändern. Weder das chronologische älter werden durch Zeitablauf noch das biologisch älter werden. Aber die Art und Weise, wie wir biologisch altern, können wir mit den vorliegenden Erkenntnissen auf der ersten Stufe positiv beeinflussen.

Wir selbst können mit unserem Lebensstil zu einem großen Teil dazu beitragen, dass unsere Gesundheitsspanne länger wird und sich der Lebensspanne annähert. Es gibt viel Potential, Altersproblemen vorzubeugen. Es hilft allerdings kein Abwarten bis Symptome oder Erkrankungen auftauchen. Wir müssen selbst tätig werden, müssen wissen was wir ändern können und danach unsere Ernährung, unser Bewegungs- und sonstiges Verhalten anpassen und unterstützende pharmazeutische Präparate zu uns nehmen. Das mag nicht immer leicht sein, aber krank sein und früh sterben ist noch viel weniger erstrebenswert. Und alt werden beginnt, rein körperlich gesehen, schon recht früh. An Ende 20.

Es gibt kein festes Alter, ab dem man mit Longevity beginnen sollte. Je früher man anfängt, desto besser. Aber es ist auch nie zu spät, um positive Veränderungen zu erreichen. Selbst mit über 60 oder 70 kann man immer noch von den Vorteilen eines gesunden Lebensstils profitieren, wie z.B. einem geringeren Risiko für chronische Krankheiten, einer besseren Stimmung, einem stärkeren Immunsystem und einer höheren Lebensfreude.

Umso wichtiger ist es aber, rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen und tägliche Routinen in seinen Alltag einzubauen, die uns nach einiger Zeit so selbstverständlich sind wie das tägliche Zähneputzen. Welche Weichenstellungen dies sind, wodurch wir selbst zum gesünderen älter werden beitragen können, beinhalten die Teile 2 bis 4. Dort geht es um die 5 relevanten Longevity Säulen und – wie angekündigt – auch um die Geheimnisse des langen Lebens der Bewohner der Blauen Zonen.

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Anhang: Von Zellen, Stammzellen, DNA, Chromosomen, Genen und Genomen

Beschäftigt man sich etwas intensiver mit dem Thema Longevity, dann fallen vermehrt Begriffe, die für Biologen zum Tagesgeschäft gehören, für Fachfremde allerdings eher nicht. Über die man aber zum besseren Verständnis zumindest Grundkenntnisse haben sollte. Daher hier einige wenige, aber wichtige Grundbegriffe. Wer mag, der überspringt diesen Teil gerne.

Zellen: Zellen sind die Bausteine, aus denen unsere Körper bestehen. Nach außen wird die Zelle von der Zellmembran begrenzt. Im Inneren der Zelle befindet sich Flüssigkeit: das Zellplasma. In der Mitte der Zelle liegt der Zellkern, auch Nukleus genannt. Er wird ebenfalls von einer Membran begrenzt. Jeder menschliche Körper besteht aus ca. 70 bis 100 Billionen einzelner Zellen. Die meisten Zellen im Körper sind spezialisiert, ihr Schicksal ist vorbestimmt. Sie können sich nicht mehr in andere Zelltypen verwandeln. Eine Gehirnzelle kann zum Beispiel keine Hautzelle werden. Zellen teilen sich alle paar Stunden, einige alle paar Tage, andere weniger oft.

Stammzellen: Entgegen normalen Zellen haben Stammzellen die Fähigkeit, sich in verschiedene Arten von Zellen zu differenzieren. Sie können sich wiederholt vermehren, ohne ihre Eigenschaften zu verlieren. Stammzellen haben damit das Potenzial, Therapien für den Ersatz defekter oder beschädigter Zellen zu entwickeln, die durch eine Vielzahl von Störungen und Verletzungen entstehen, insbesondere Parkinson-Krankheit, Herzkrankheit und Diabetes.

DNA: Die DNA sind Makromoleküle im Zellkern, die unsere Erbinformationen enthalten wie zum Beispiel über unser Geschlecht, die Haarfarbe, die Körpergröße und eventuell auch über bestimmte Krankheiten. Die DNA ist also wie ein riesiger Bauplan, der die gesamten Informationen für die Entwicklung des menschlichen Körpers beinhaltet. Der DNA-Faden ist wie eine Strickleiter aufgebaut. Die Strickleiter ist um die eigene Achse schraubenförmig gedreht, die Helix. Im Fall der DNA liegt eine Doppelhelix vor.

Chromosomen sind lange Stränge aus komprimierten DNA. Ab einer bestimmten Größe der Zelle teilt sich diese. Vor der Teilung und zum Transport nehmen die DNA eine dicht gepackte Form an – das Chromosom. Der Mensch besitzt 46 Chromosomen in jedem Zellkern. Jeweils zwei gleiche bilden ein Paar – insgesamt 22 Paare aus sogenannten homologen Chromosomen plus je zwei Geschlechtschromosomen – XX bei der Frau und XY beim Mann.

Telomere sind die Enden der Chromosomen, die aus sich wiederholenden DNA-Sequenzen und Proteinen bestehen. Sie schützen die DNA vor Schäden und beeinflussen die Zellteilung und Alterung. Telomere werden bei jeder Zellteilung kürzer, bis sie eine kritische Länge erreichen, die dazu führt, dass sie sich nicht mehr teilen und die zum Zelltod oder zur Seneszenz führt.

Einige Zellen, wie Stammzellen oder Krebszellen, können Telomere mit einem Enzym namens Telomerase verlängern. Die Telomerlänge gilt als Biomarker für das biologische Alter und das Risiko für altersbedingte Krankheiten.

Gen: Gene sind spezifische Abschnitte auf den DNA, die bestimmte Informationen für die Herstellung eines Proteins enthalten, die wiederum für die Funktionen des Körpers wichtig sind. Jedes Gen beeinflusst einen spezifischen Aspekt der Gesundheit. Die Anzahl der Gene eines Menschen liegt schätzungsweise zwischen 20.000 und 25.000.

Genom: Der Begriff Genom bezieht sich auf das gesamte genetische Material eines Organismus. Das menschliche Genom besteht aus etwa 3 Milliarden DNA-Basenpaaren. Fast jede Zelle im Körper enthält eine vollständige Kopie des Genoms des Organismus. Die meisten Teile des menschlichen Genoms sind bei allen Menschen gleich. Ein Genom ist also die Gesamtheit des genetischen Materials in einem Organismus.

Proteine werden häufig als die Arbeiter bezeichnet. Sie sind in jeder Zelle zu finden. Jedes Protein ist auf die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe spezialisiert. Sie tragen dazu bei, dass Zellen wachsen, sich teilen und funktionieren. Sie sind verantwortlich für die Zellbewegung, den Transport von Metaboliten oder chemische Reaktionen zu unterstützen. Die Gesamtheit aller Proteine wird als Proteom bezeichnet.

NAD ist die Abkürzung für Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid. Es ist eine wichtige Substanz, die in allen lebenden Zellen vorkommt und an über 500 chemischen Reaktionen beteiligt ist. Die Menge an NAD nimmt ab ca. 30 Jahren mit dem Alter stetig ab. Es wird geschätzt, dass der NAD-Spiegel alle 20 Jahre um etwa 50% sinkt. Was bedeutet, dass man mit 60 Jahren nur noch rund 20% des NAD hat. Dieser Rückgang wirkt sich mit steigendem Alter unwillkürlich negativ auf Gesundheit und Vitalität aus, da die Zellen viel weniger Energie und weniger Schutz vor Entzündungen haben.

Sirtuine wiederum sind Enzyme, die über die Lebensdauer bestimmen. Sie benötigen NAD für ihre Funktion. Sirtuine verhindern den Zelltod und regen die Tätigkeit der Mitochondrien an. Sie schützen uns vor den wichtigsten Alterskrankheiten wie Diabetes, Herzkrankheiten, Alzheimer, Osteoporose und sogar Krebs. Sie dämpfen zudem chronisch überschießenden Entzündungen, die Krankheiten wie Atherosklerose, Stoffwechselstörungen, Arthritis und Asthma begünstigen. Sirtuine sind damit eine der wichtigsten Langlebigkeitsgene.

mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) ist neben den Sirtuinen das zweite wichtige Langlebigkeitsgen. mTOR ist ein Protein, das an vielen zellulären Prozessen beteiligt ist, wie Zellwachstum, Zellteilung, Stoffwechsel und Immunantwort. Es wird durch verschiedene Faktoren aktiviert, wie z.B. Nährstoffe, Energie und Sauerstoff. Wenn mTOR aktiv ist, fördert es die Bildung von Proteinen, die für das Zellwachstum und die Zellteilung notwendig sind.

Allerdings hat mTOR auch eine negative Seite: Es beschleunigt den Alterungsprozess, indem es die Autophagie hemmt. Autophagie ist ein Prozess, bei dem die Zellen schädliche oder unnötige Bestandteile abbauen und recyceln. Wenn dieser Entsorgungsprozess gehemmt wird, sammelt sich zunehmend Abfall in der Zelle an, die zu oxidativem Stress, Entzündungen und Zelltod führen können.

AMPK (Adenosin-5′-Monophosphat-aktivierte Proteinkinase) ist neben Sirtuin und mTOR das dritte wichtige Langlebigkeitsgen. Es ist ein Enzym, das eine wichtige Rolle im Energiehaushalt spielt. Es hilft, das Gleichgewicht zwischen Energieproduktion und -verbrauch zu regulieren, die Stoffwechselwege und die Insulinsensitivität zu verbessern, indem es Glukose aus den Blutbahnen entfernt und in Energie umwandelt. Es unterstützt die körperliche Leistungsfähigkeit und die Autophagie und fördert damit das gesunde Altern. AMPK ist in allen Geweben des Körpers vorhanden, insbesondere im Gehirn (einschließlich des Hypothalamus), in der Leber, in Fettzellen und in der Skelettmuskulatur.

Mitochondrien werden dagegen als das Kraftwerk der Zelle bezeichnet. Sie bauen Nährstoffe ab und gewinnen daraus Energie. Ein Prozess, den man Zellatmung nennt. Sie enthalten ein eigenes, ringförmiges Genom.

Freie Radikale und Antioxidanten: Per Definition sind freie Radikale chemische Verbindungen mit einem ungepaarten Elektron. Durch das fehlende Elektron sind freie Radikale sehr angriffslustig und versuchen anderen Elektronenpaaren ihren Partner zu entreißen. Dieser als Oxidation bezeichnete „Elektronenklau“ setzt eine Kettenreaktion in Gang, die immer wieder neue freie Radikale hervorbringt und den Stoffwechsel empfindlich stören kann.

Besonders kritisch sind oxidative Schäden dann, wenn sie die Erbsubstanz der Zelle betreffen (z.B. DNA-Schäden). Solche Schäden haben nicht nur einen Einfluss auf den gesamten Zellstoffwechsel, sondern können bei Zellteilungsvorgängen an Tochterzellen weitergegeben werden. Mit den Jahren ist z.B. die Mitochondrien-DNA oft von oxidativen Veränderungen betroffen. In der Folge wird die Energieversorgung der Zelle gestört und Reparatur- und Erneuerungsprozesse lassen nach. Entsprechend der Theorie der freien Radikale sind solche oxidativen Schäden auch für die Entstehung altersbedingter Krankheiten verantwortlich.

Autophagie: Autophagie ist ein Prozess, bei dem Zellen ihr eigenes Material abbauen und recyceln, um Energie zu gewinnen oder sich von schädlichen Substanzen zu befreien. Autophagie ist wichtig für die Gesundheit und das Überleben der Zellen, aber auch für die Entwicklung und das Altern des gesamten Organismus.

Autophagie schützt vor oxidativem Stress, der die Zellen schädigen kann, repariert Gewebe und stärkt des Immunsystems, beseitigt alte oder defekte Zellen und wirkt präventiv bei Krankheiten wie Diabetes, Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen. Autophagie kann durch verschiedene Faktoren wie Fasten, sportliches Training, Spermidin oder Sirtfoods angeregt werden.

Biomarker sind Merkmale und Eigenschaften, die man im Körper bestimmen kann, um seine Gesundheit zu überwachen und Krankheiten sowie Behandlungserfolge zu erkennen. Biomarker können zum Beispiel Vitalzeichen, Laborwerte, Hormone, Eiweiße oder Genabschnitte sein.