Die Geheimnisse der gesündesten und ältesten Menschen der Welt. Blaue Zonen – Vorbild für Deutsche?

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Können die Verhaltensweisen und Gewohnheiten der Bewohner der Blauen Zonen auch ein Vorbild für uns sein? Welches sind die wichtigsten Regeln in den Blauen Zonen, die für Langlebigkeit und gute Gesundheit sorgen? Was können wir auch noch im Alter von ihnen lernen? 

Worum geht es?

Die Bewohner der Orte der Blauen Zonen produzieren weltweit die höchsten Raten an Hundertjährigen. Sie erleiden nur einen Bruchteil unserer modernen Krankheiten wie z.B. Herzinfarkte, Krebs oder Diabetes. Und sie genießen wesentlich mehr Jahre guter Gesundheit als wir.  Das überraschende dabei ist, dass die Menschen der Blauen Zonen nicht den neuesten Diäten folgen. Sie haben nicht mal an jeder Ecke einen Lebensmittelmarkt. Fitnessstudios haben sie nie betreten. Und Sie haben auch keinen Zugang zu den besten Medikamenten oder den besten Ärzten. Tatsächlich ist ihr Leben von einer bemerkenswerten Einfachheit geprägt.

Daher lohnt es sich zu beleuchten, mit welchen Gewohnheiten und Lebensweisen die Bewohner der Blauen Zonen die weltweit höchsten Lebenswartungen und eine allgemein sehr gute Gesundheit erzeugen. Was sind die Geheimnisse der Langlebigkeit und der guten Gesundheit der Menschen in den Blauen Zonen? Und kann man sie auch für uns nutzen? Können sie Vorbild für Deutsche sein?

Woher stammt der Begriff „Blaue Zonen“?

Der Begriff der Blaue Zonen entstand während der Arbeit der Forscher Dr. Gianni Pes und Prof. Michel Poulain, die bei ihren demografischen Studien die Provinz Nuoro die auf Sardinien als die Region mit einer sehr hohen Konzentration an männlichen Hundertjährigen identifizierten. Als die beiden Männer die Gruppe der Dörfer mit der höchsten Langlebigkeit untersuchten, zeichneten sie für jeden Hundertjährigen einen blauen Kreis auf die Landkarte. Das Gebiet mit den meisten blauen Kreisen bezeichneten sie danach als Blaue Zone.

Gemeinsam mit Gianni Pes und Michel Poulain erweiterte danach der amerikanische Journalist Dan Buettner den Begriff und wandte ihn auf weitere validierte Langlebigkeitsgebiete in Okinawa (Japan) und Loma Linda (Kalifornien) an. Danach identifizierten und validierten sie weitere Langlebigkeits-Hotspots auf der Nicoya-Halbinsel (Costa Rica) und in Ikaria (Griechenland). Das Konzept der Blauen Zonen bietet die Möglichkeit, potentielle Faktoren für Langlebigkeit und gute Gesundheit der betroffenen Bevölkerung bezüglich Lebensstil und Umwelt heraus zu finden.

Welche gemeinsamen Merkmale führen zum gesünderen und längeren Leben?

In den Regionen wurden basierend auf Daten und Beobachtungen der Forscher sehr unterschiedliche Merkmale festgestellt, die zur Langlebigkeit beitragen. Die Blauen Zonen sind auf der ganzen Welt in sehr unterschiedlichen Klimazonen und Wachstumsbedingungen verstreut. Die Menschen leben auf verschiedenen Kontinenten, in verschiedenen Kulturen und Religionen und haben Zugang zu sehr unterschiedlichen Nahrungsmitteln. Es gibt also keine allgemeingültigen Wundermittel.  Gemeinsam aber haben sie folgende Merkmale:

Überwiegend pflanzliche Ernährung

Die Einwohner der japanischen Insel Okinawa leben besonders von violetten Süßkartoffeln, fermentierten Kombu (einer essbaren Alge) und Shiitake Pilzen. Auf der Halbinsel Nicoya in Costa Rica hingegen werden besonders Bohnen, Kürbisse und Bananen gegessen. In der Barbagia-Region auf Sardinien und auf der griechischen Insel Ikaria werden ebenso nur sehr wenig Fleisch und Milchprodukte konsumiert. In Loma Linda verzichten sie ganz auf Fleisch und entscheiden sich stattdessen für vegetarische und vegane Diäten. Bohnen sind ein Grundnahrungsmittel in allen Diäten der Blauen Zonen, wobei Sojabohnen, Bohnen, schwarze Bohnen und Linsen die beliebtesten Eiweißquellen sind. Dazu viel Hülsenfrüchte.

Angesichts der überwältigenden Verbindung zwischen tierischen Produkten und chronischen Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck und verschiedenen Krebsarten sollte dieser Ansatz nicht überraschen. Denn sicherlich nicht nur zufällig haben die Menschen, mit einer weitgehend pflanzlichen Ernährung, in den Blauen Zonen überall auf der Erde die niedrigsten Vorkommen dieser Krankheiten.

Lokale Produkte

Ein weiteres Thema in den blauen Zonen ist der Fokus auf lokal angebaute Produkte. Die Bewohner der Blauen Zonen weisen eine der höchsten Konzentrationen an Ackerland, Gemüsegärten und Kleingärten weltweit auf. Das Ergebnis dieser Lebensweise bedeutet, dass die Lebensmittel standardmäßig frisch, saisonal und biologisch sind. Es werden keine Pestizide verwendet und aufgrund der traditionellen Anbaumethoden ist die Bodenqualität hoch und die Ernte nährstoffreich.

80% Regel

Es ist allerdings nicht nur wichtig was man isst, sondern auch wie man es isst. Auf Okinawa stellten die Forscher fest, essen die Bewohner nur so viel, bis der Magen zu 80% gefüllt ist. Und sie essen mit kleinen Tellern und sehr langsam. Und nicht wie in vielen anderen Teilen der Welt schnell und bis man vollständig satt ist – oder sogar noch darüber hinaus. Auf diese Weise wird die Kalorienzufuhr beschränkt und das Problem der Übergewichtigkeit und der daraus resultierenden Stoffwechselstörungen entsteht erst gar nicht.

Mäßiger Alkoholkonsum – überwiegend Rotwein

In den Blauen Zonen wird Alkohol konsumiert, insbesondere Rotwein. Allerdings nur in Maßen, nicht mehr als ein bis zwei Gläser pro Tag. Rotwein enthält Antioxidantien aus Traubenschalen, die entzündungshemmende Eigenschaften haben und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern können.

Sehr viel Zeit im Freien

Die Bewohner aller blauen Zonen verbringen enorm viel Zeit im Freien. Sie gehen, arbeiten, spielen, arbeiten, arbeiten im Garten und unterhalten sich im Freien. Was bedeutet, dass sie täglich viel frischer Luft und Sonnenlicht ausgesetzt sind.

Eine bemerkenswerte Beobachtung ist, dass alle blauen Zonen einigermaßen nahe am Äquator liegen, wärmeres Wetter und ganzjähriger Zugang zur Sonne. Regelmäßige Sonneneinstrahlung ist für die Vitamin-D-Produktion, die Stimmung und den gesunden Schlaf von entscheidender Bedeutung.

Ständige, in den Alltag integrierte moderate körperliche Aktivitäten

Die Bewohner der blauen Zonen sind körperlich aktiv, ohne sich zu überanstrengen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Stattdessen integrieren sie natürliche Bewegungen in ihren Alltag. Bewegung ist ein untrennbarer Bestandteil ihres Lebens. Dazu gehört auch die Wohnung zu reinigen, die Wäsche zu waschen und aufzuhängen, einkaufen zu gehen und bei jeder Gelegenheit zu Fuß zu gehen und Treppen zu benutzen. Oder Wandern, Gärtnern, Tanzen oder sonstigen Sport mit Freunden treiben. Die Menschen der Blauen Zonen gehen, laufen, springen, hocken und graben quasi den ganzen Tag und verbrennen dabei fünfmal so viele Kalorien wie wir es außerhalb sportlicher Aktivitäten tun. Gemäßigte Bewegung außerhalb des Sports gehört bei ihnen also ebenso zum Alltag wie Essen oder Schlafen.

Entspannung und Ruhe

Dank des Klimas, in dem sie leben, passen Bewohner der blauen Zonen ihre Schlafgewohnheiten an das Auf und Ab der Sonne an. Sie schlafen kurz nach Einbruch der Dunkelheit ein und wachen bei Sonnenaufgang auf. Die Ikarianer Griechenlands gehen im Allgemeinen später als die übrigen Blauen Zonen zu Bett, schlafen aber nachmittags, um dies auszugleichen. Die Gesamtruhezeiten variieren, im Durchschnitt schlafen sie alle jedoch 8 bis 9 Stunden pro Nacht.

Zusätzlich nehmen sie sich Zeit, um Stress abzubauen, zu meditieren oder zu beten.

Sinn des Lebens kennen

Die Nicoyer nennen es „Plan de Vida“ und die Okinwaner nennen es „Ikigai“. In allen blauen Zonen haben die Menschen einen Grund, morgens aufzustehen. Sie verfolgen ihre Leidenschaften und ihre Ziele. Von klein auf lernen sie, jeden Tag mit Achtsamkeit, Entschlossenheit und Dankbarkeit zu leben.

Hohes soziales Engagement – Familie und Freunde als Priorität

Last but not least die zentrale Bedeutung der Gemeinschaft. Bewohner von blauen Zonen haben sehr enge soziale Kreise und sehr starke Gemeinschaftswerte. Die Zeit mit Familie und Freunden steht an erster Stelle. Partner unterstützen sich gegenseitig, Kinder gelten als Segen und Älteste werden mit viel Respekt behandelt. Menschen jeden Alters in den Blauen Zonen schaffen, pflegen und wertschätzen ihre Beziehungen.

In Okinawa erhält man z.B. schon früh ein Moais – eine kleine Gruppe von Freunden, die sich gegenseitig füreinander auf Lebenszeit verpflichten. Auf Sardinien versammeln sich wöchentlich Dörfer und Städte zum Essen und Feiern. Alle Blauen Zonen haben sehr starke Gemeinschafts- und Familienwerte, die in jedem Aspekt ihres Lebens verankert sind.

Glaube, Religion und Spiritualität

Viele Menschen in den Blauen Zonen gehören einer religiösen oder spirituellen Gemeinschaft an, die Ihnen Halt und Hoffnung gibt.

Deep Dive: Welche Lebensmittel werden in den Blauen Zonen besonders häufig konsumiert?

1. Bohnen

Bohnen sind reich an Ballaststoffen, Eiweiß und enthalten eine Vielzahl von Vitaminen und Mineralstoffen. Der Verzehr von Bohnen unterstützt eine gute Darmgesundheit und kann das Risiko von Herzerkrankungen verringern. Die Kombination aus Bohnen und Vollkorngetreide wie Reis bildet ein komplettes Protein und ist daher eine gesunde Alternative zu Fleisch. In den Blauen Zonen werden Bohnen oft in traditionellen Gerichten wie dem costa-ricanischen Gallo Pinto verwendet.

2. Olivenöl

Olivenöl ist ein wichtiger Bestandteil der Ernährung in den Blauen Zonen. Es ist reich an einfach ungesättigten Fettsäuren, die das „schlechte“ LDL-Cholesterin senken und das Risiko von Herzerkrankungen verringern können. Olivenöl enthält auch Antioxidantien, die entzündungshemmende Eigenschaften haben und das Risiko von chronischen Krankheiten wie Krebs und Diabetes reduzieren können. Olivenöl wird als Hauptfettquelle in der Küche verwendet und für Salaten, Gemüsegerichte und Soßen genutzt.

3. Nüsse

Nüsse sind reich an gesunden Fetten, Ballaststoffen, Eiweiß und Mineralstoffen wie Kalium und Magnesium. Der regelmäßige Verzehr von Nüssen ist mit einer besseren Herzgesundheit und einem niedrigeren Risiko für chronische Krankheiten verbunden. Insbesondere Mandeln, Walnüsse oder Pistazien werden in den Blauen Zonen gegessen.

4. Gemüse

Gemüse, insbesondere kreuzblättriges Gemüse wie Brokkoli, Blumenkohl und Kohl, spielt eine wichtige Rolle in der Ernährung der Blauen Zonen. Sie sind reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen, die für die Gesundheit des Gehirns, des Nervensystems und des Immunsystems wichtig sind. Der Verzehr von Gemüse kann das Risiko von chronischen Krankheiten wie Krebs und Herzerkrankungen verringern und zur Langlebigkeit beitragen. Das Gemüse wird roh, gedünstet oder in anderen gesunden Zubereitungsarten gegessen.

5. Wasser

Wasser ist wichtig für eine gute Hydratation und unterstützt alle Körperfunktionen. Wasser hilft bei der Verdauung, reguliert die Körpertemperatur und fördert den Stoffwechsel. In den Blauen Zonen trinken die Menschen ausreichend Wasser und meiden zuckerhaltige Getränke. Sie trinken täglich mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser, um den Körper optimal mit Flüssigkeit zu versorgen.

6. Kaffee

Ein moderater Konsum von Kaffee geht mit einer verbesserten Herzgesundheit, einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit für bestimmte Krebsarten und einer besseren geistigen Gesundheit einher. Kaffee liefert auch Antioxidantien und kann den Stoffwechsel ankurbeln. Kaffee wird in den Blauen Zonen jedoch nur in Maßen verzehrt und in der Regel ohne Zucker und wenig Milch.

Fazit

Die Blauen Zonen sind ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Lebensstil und Umwelt die Gesundheit und das Altern beeinflussen können. Nichts davon sind Raketenwissenschaften oder bahnbrechende Informationen. In der Tat liegt die wahre Schönheit der blauen Zonen in der Einfachheit. Wenn wir von ihnen lernen und einige ihrer Prinzipien in unser eigenes Leben übernehmen, haben wir die Chance, unsere Lebensqualität und -dauer zu verbessern.

Blaue Zonen folgen nicht den neuesten Diäten oder verrückten Übungsprogrammen – sie bleiben einem Lebensstil treu, der Generation für Generation anhält. Sie essen gut, sie bewegen sich mehr, sie lachen oft. Sie priorisieren ihre Gesundheit, aber ganz entscheidend, sie sind nicht besessen von etwas, sondern genießen und wertschätzen ihr Leben im heute und jetzt.

Vorbild für Deutsche?

Was spricht eigentlich dagegen, die Gewohnheiten der Menschen in den Blauen Zonen als Vorbild für Deutsche zu sehen? Natürlich gibt es an jedem Vorschlag etwas auszusetzen. Natürlich können wir nicht die Leben der Menschen in den Bauen Zonen leben. Wir haben andere Lebensgewohnheiten, ein anderes soziales Umfeld, eine andere Arbeitswelt, andere Klimabedingungen. Andere Religionen und Überzeugungen. Und so weiter. Aber unsere Gesundheit hängt nur zu 20% von unseren Genen und der Krankenversorgung ab – zu 80% von unseren Lebensgewohnheiten. 

Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung im Alltag, starke soziale Bindungen und eine positive Einstellung zum Leben sind universelle Prinzipien, die jeder einzelne und jede Gemeinschaft in sein bzw. ihr Leben integrieren kann. Ohne großen Aufwand. Unabhängig von allen anderen Umständen.

Insgesamt können wir also sehr viel von den Menschen in den Blauen Zonen lernen und uns von ihren sehr einfachen und preisgünstigen Gewohnheiten inspirieren lassen, um unsere Gesundheit signifikant zu verbessern und unsere Lebenserwartung zu erhöhen.